Montag, 15. April 2002

Diesen - hier gekürzten - Brief hier habe ich nach meiner Rückkehr nach Deutschland an meine Freunde verfaßt. Er enthält in Kurzform meine Aktivitäten in Nepal zusammengefaßt.

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Namaste alle zusammen,
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Nach nur einem einzigen Tag Sightseeing in Kathmandu ging es sofort weiter zum Annapurna Rundweg. Das sind 330 km Länge, 8514 Meter hoch und 7993 Meter 'runter. Der höchste Punkt der Strecke ist 5414 m hoch - einer der höchsten Pässe der Welt, der Thorung La-Paß. Unser "Gipfeltag" war der 13.3. und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, daß das Hochkommen wesentlich leichter als das Hinuntersteigen ist - wirklich! Auf der anderen Seite erwartete uns nicht nur das erste wirkliche Grün in Nepal, sondern auch viel weniger Eselkarawanen, frisch gepreßter Apfelsaft, der beste apple crumble (Apfelkuchen mit Streuseln) der Welt, heiße Quellen, Ammoniten mitten auf der Straße, die durch einen ausgetrockneten Urozean führt, Canabis ohne Ende als Unkraut wachsend und reife Mandarinen und Bananen auf den Bäumen. Der Trek endete für uns in Pokhara, einem Althippie-Standort. (Ja, es stimmt wirklich: die Leute gehen wandern, sammeln das "Unkraut", trocknen es und lassen es sich dann in Pokhara gutgehen ...)

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Zum Erholen ging es dann drei Tage lang in den Chitwan Nationalpark ins Terai - der früheren Malariahölle Nepals. Zum Glück fing die Moskitosaison gerade erst an und die Biester hatten offensichtlich keinen Appetit auf mich. Habe mich nämlich nicht nur mit Autan eingenebelt, sondern auch mit einer komischen indischen Insektenabwehrcreme eingeschmiert. Das hat ihnen den Appetit dann wohl gänzlich verdorben. Wir haben dort im Dschungel jede Menge Tiere gesehen: Wild, Vögel, Krokodile, kleinere Echsen, Nashörner, Tigerabdrücke, Affen, und einen Bären, der uns entgegenkam und partout nicht vom Weg abweichen wollte. Unsere zwei Führer haben sich heldenhaft mit erhobenen Stöcken vor uns gestellt, bereit, uns Touris zu verteidigen. Wir sind auf Elefanten geritten und der Höhepunkt für mich war das Baden mit einem dieser Tiere. Habe mich barfuß (allerdings ansonsten bekleidet) auf eine Elefantenkuh gesetzt und wurde dann großzügig erst einmal mit einer Erfrischungsdusche bedacht, bevor mich das Tier "abwurf". Wußtet Ihr übrigens, daß die Elefanten-"haare" nichts anderes als Drahtborsten sind? Zumindest fühlen sie sich so an ... jetzt weiß ich wenigstens, warum die "madhis" immer eine Decke beim Reiten unterlegen ...

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Vom Park aus ging es zurück nach Kathmandu, wo ich mich nicht nur von meinen drei bisherigen Reisebegleitern (Andreas, Jörg und Volker) verabschiedete, die zurück nach Dtl. zur Arbeit mußten, sondern auch etwa eine Woche lang die Hauptstadt und Umgebung besichtigte. Mit meinem neuen "Travelcompanion" Falk (kenne ich aus Berlin) und einer auf dem Annapurna-Rundweg kennengelernten ungarischen Australierin ging es nach dem Holi-Feiertag dann zum Langtang-Trek.

Holi (auch Fargo genannt) ist übrigens - zumindest für ein paar Stunden - ziemlich amüsant. Sämtliche Leute, jung und alt, schmeißen mit gefärbtem Wasser auf alles, was sich bewegt oder auch nur halbwegs menschlich aussieht. Ein riesiges farbiges Schlachtfeld. Die bevorzugte Farbe ist übrigens rot. Wenn ich meine Bilder entwickelt habe, kann ich euch ja mal ein Bild von mir nach nur zwei Stunden zukommen lassen. Wir wurden sogar von "Nepal Television" gefilmt .... Leider haben wir die Nachrichten verpaßt, wo wir gezeigt werden sollten.

Der Langtang-Trek war ebenso wundervoll wie der Annapurna-Rundweg. Die Landschaft ist jedoch völlig anders und die Leute sind fast alle Tibeter zweiter Generation, deren Eltern alle aus Tibet geflüchtet sind. Sehr nette Menschen und viel ruhiger als die Hindus im Süden des Landes. Der höchste Punkt befand sich auf knapp 4000 Metern. Dort habe ich mich ausreichend (1100 Gramm) mit Yakkäse eingedeckt (naja, eigentlich heißt es richtig "Nak-Käse"). Ein wirklicher Genuß, den ich hier in Deutschland unbedingt mal mit Rotwein ausprobieren muß ....

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Dank eines neuen und erstaunlich genauen "Spielzeugs", das ich mir kurz vor der Abreise gekauft habe, konnte ich meine Gesamthöhenmeter speichern. Insgesamt bin ich in dieser Zeit 12.224 Meter berghoch und 11.577 Meter bergab gestiegen und das nur auf den Treks! Die unzähligen Stufen zu diversen Tempeln, Gompas und Stupas sind bei diesen Höhenmetern nicht mit eingerechnet.

Nach der Rückkehr nach Kathmandu (zwischenzeitlich ein von den Maoisten - auch Terroristen genannt - angeordneter Streik, bei dem aus Furcht eine Woche lang keine Busse fuhren) ging es weiter nach Bhaktapur, einer ruhigen Stadt nur knapp 20 km entfernt. Ich war schon dort gewesen und pries die Ruhe und Beschaulichkeit des Ortes bei meinen Begleitern an. Als wir dort ankamen, war die Hölle los - nix mit Ruhe und Frieden. Eines der größten Feste des Kathmandu-Tales sollte am nächsten Tag stattfinden - der Auftakt zum Neuen Jahr. Traditionell eingeleitet wird das Spektakel in dieser Stadt damit, daß ein vorher gebauter Wagen mit "Gott" beladen wird (eine Tempelstatue und ein Stein=Gott) und dann von zwei Gruppen jeweils in zwei verschiedene Richtungen gezogen wird. Dieses Tauziehen dauerte bei uns über 3 Stunden, bevor sich eine der Parteien dann doch als die Stärkere erwies und den riesigen, schweren Holzwagen durch die engen Straßen zog. Ziehen darf übrigens jeder, der will ... die Mannschaften bestehen aus 50-100 Leuten, je nachdem wieviel Platz ist und wer Lust hat. Die Mannschaften sind auch NICHT gleichmäßig auf beide Seiten verteilt. Nix mit gleicher Stärke oder Fairneß ... alles sehr chaotisch. Deshalb konnte eine Partei dann auch die Stärkere erweisen. Als der Tag sich nämlich neigte, kamen immer mehr Leute auf eine Seite und das ungleiche Kräfteverhältnis führte dann zum Erfolg. Wir haben das Ganze hoch oben von einem Tempel beobachten können. Viel gelacht und mitgefiebert. Dieser Feiertag gefiel mir besser - zumindest bis ca. 21 Uhr. Danach verkrochen wir uns dank Vorwarnung ins Hotel. Der Tag endet nämlich damit, daß alle Nüchternen und Besoffenen Steine und Ziegel auf andere Leute werfen. Wie überleben die Nepalis das nur??? Am nächsten Morgen die Straße zu betreten erwies sich als neuerliche Hürde - voll von zerbrochenen und zerbröselten Ziegelsteinen - eine Baustelle sieht bestimmt sauberer aus ...

Die letzten anderthalb Tage wurden in Kathmandu verbracht. (Das Essen in Bhaktapur ist übrigens besser!) Die letzten Einkäufe und Mitbringsel füllten dann doch noch den Rucksack ...

Freitag abend ging dann der Flug und die nächsten Stunden verbrachte ich dann dank eines idiotischen Deutschen in einer midlife-crises schlaflos im Flugzeug. Kam nach 45 Stunden Wachens in Dtl. an und das erste, nach dem ich im Supermarkt griff, war dunkles Schwarzbrot .... :)) Hoch lebe die deutsche Brotbacktradition!

Ich vermisse Nepal schon jetzt - vor allem, da sich Deutschland als grau, regnerisch und bewölkt präsentiert. Ich vermisse die bunten Farben, die Wärme und das Chaos. Und die Straßen in Deutschland sind merkwürdig (aber besser ;) ): kein Hupen, keine Autos auf den Fußgängerwegen, die einem fast die Zehen abfahren, alles ist so ruhig .....

Jetzt ist meine Zusammenfassung doch länger geworden als geplant. Ich hoffe, Ihr habt Euch nicht ganz so sehr gelangweilt. Einen ausführlicheren Reisebericht werde ich noch verfassen - keine Ahnung, wie lange das dauern wird ... Bei Interesse sende ich Euch den Link oder den Bericht.

Meine Rückkehr in die heimatlichen Gefilde bedeutet natürlich, daß ich wieder telefonisch erreichbar bin, sowohl im Festnetz als auch - mehr oder weniger - mobil. Auch werde ich mich bemühen, die eingelaufenen mails schnellstmöglich zu beantworten ....

Bis dahin liebe Grüße und namaste.

Für blog-Leser: Die vollständige Gallerie und auch der komplette Reisebericht ist auf meiner Homepage.